„Mobbing und Ausgrenzung, das gibt es vielleicht an Schulen. Aber doch nicht mehr in der Arbeitswelt. Wir sind ja schließlich alle erwachsen.“
Ist das wirklich so? Gibt es also eine Altersbegrenzung für Diskriminierung und Ausgrenzung? Werden wir, wenn wir älter werden, automatisch weiser, offener und inklusiver?
Wenn man das Statistische Bundesamt fragt, lautet die Antwort: Nein. Denn laut einer aktuellen Umfrage erfuhr jede:r Zehnte Arbeitnehmende im Jahr 2023 Diskriminierung am Arbeitsplatz. Somit ist Diskriminierung am Arbeitsplatz für viele Beschäftigte in Deutschland leider noch immer Realität.
Um die Dimension zu verstehen: In Deutschland gibt es rund 45 Millionen Erwerbstätige. Wenn also „jeder Zehnte“ am Arbeitsplatz Diskriminierung erfahren hat, betrifft das circa 4,5 Millionen Menschen. Das sind 4,5 Millionen Beschäftigte, die mit Bauchschmerzen und Ängsten zur Arbeit gehen.
Diskriminierung und Ausgrenzung hören eben nicht mit dem Eintritt ins Berufsleben auf. Der Spott auf dem Pausenhof verlagert sich somit höchstens in die Kaffee-Kantine oder in das Team-Meeting. Besonders betroffen sind dabei Frauen sowie Mitarbeitende zwischen 45 und 54 Jahren.
Warum Diversity und Inklusion im Team so wichtig sind und was Unternehmen gegen Diskriminierung im Team tun können, erfährst du in diesem Artikel. Denn Diskriminierung ist kein Kavaliersdelikt – es braucht den offenen Dialog, um sie endlich aus dem Schatten zu holen.
Was ist Diskriminierung?
Diskriminierung ist eine grobe Verletzung der Menschenrechte. Diskriminierte Menschen werden aufgrund individueller oder gruppenspezifischer Merkmale systematisch an der Ausübung ihrer Menschenrechte gehindert.
Menschen diskriminieren andere Menschen, da sie meinen, es handle sich dabei um minderwertige Menschen. Diese Vorstellung verletzt an sich schon die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die in ihrem Art. 1 die Gleichwertigkeit aller Menschen ohne Unterschied nach ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion, Alter, Gesundheitszustand und weiteres proklamiert.
Das internationale Recht weist der Diskriminierung drei Hauptmerkmale zu: nachteilige Behandlung, die sich auf einer unrechtmäßigen Grundlage abstützt und der eine angebrachte und objektive Rechtfertigung fehlt.
Diskriminierung kann verschiedene Formen annehmen:
- Unterscheidung – wenn Frauen in Vorstellungsgesprächen systematisch nach ihrer Familienplanung oder Kinderbetreuung befragt werden, was Männern seltener bis gar nicht passiert.
- Ausschluss – Wenn Geflüchtete oder Menschen ohne Staatsbürgerschaft von politischen Wahlen ausgeschlossen sind, obwohl sie seit vielen Jahren in dem Land leben und dort arbeiten.
- Einschränkung – wenn z.B. LGBTQI-Personen das Versammlungsrecht versagt oder eingeschränkt wird.
- Bevorzugung – Wenn bei der Studienplatzvergabe Bewerber aus höherem sozialen Status aufgrund indirekter Vorteile (z.B. durch Netzwerke, Empfehlungsschreiben) eine höhere Chance auf Zulassung haben.
- Trennung – Wenn Kinder mit Behinderungen systematisch in separaten Schulen unterrichtet werden, anstatt integrativ an Regelschulen teilnehmen zu können.
- Verweigerung von angemessener Einrichtung – wenn z.B. Büros und öffentliche Gebäude nicht rollstuhlgängig sind.
Um Menschen vor Diskriminierung zu schützen, wurde 2005 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeführt. Sein Ziel ist es, Benachteiligungen im Arbeitsleben sowie im Alltag zu verhindern und die Gleichbehandlung zu fördern. Es schützt Menschen, die aufgrund folgender Merkmale benachteiligt werden:
- Rassistische Gründe oder ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Religion oder Weltanschauung
- Behinderung
- Alter
- Sexuelle Identität
Das AGG bietet somit eine rechtliche Grundlage, auf die sich Menschen berufen können, wenn sie diskriminiert werden. Arbeitgeber:innen, Vermieter:innen oder Anbieter:innern von Dienstleistungen sind durch das Gesetz verpflichtet, Gleichbehandlung sicherzustellen und Diskriminierungen zu vermeiden. Das Gesetz umfasst verschiedene Formen der Diskriminierung, darunter unmittelbare und mittelbare Diskriminierung, Belästigung und sexuelle Belästigung, sowie das Verbot, andere zur Benachteiligung anzustiften:
Mittelbare Diskriminierung:
Die Mittelbare oder indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn Regelungen, Verfahren oder Handlungen auf den ersten Blick neutral erscheinen, jedoch Personen mit bestimmten Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder Herkunft in besonderer Weise benachteiligen.
Zum Beispiel:
Ein Vermieter lehnt es ab, seine Wohnungen an Personen zu vermieten, die Bürgergeld (früher Hartz IV) beziehen.
Unmittelbare Diskriminierung:
Bei der unmittelbaren Diskriminierung wird eine Person aufgrund eines der oben angeführten Merkmale wie Geschlecht, Hautfarbe oder Alter schlechter behandelt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.
Zum Beispiel:
Eine Person im Rollstuhl wird aufgrund ihrer Behinderung für eine Stelle abgelehnt, obwohl der Arbeitsplatz barrierefrei gestaltet werden könnte.
Belästigung:
Belästigungen sind unerwünschte Verhaltensweisen in Bezug auf ein Merkmal, wie die Herkunft oder das Alter auftritt, das die Würde der Person verletzt und ein von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichnetes Umfeld schafft.
Zum Beispiel:
In den sozialen Netzwerken häufen sich sogenannte Trolle, die abwertende Kommentare unter Bildern schreiben. Diese Kommentare sind oft gezielt auf ein persönliches Merkmal wie die ethnische Herkunft, das Alter oder die sexuelle Orientierung abgezielt. Ein Beispiel hierfür ist, wenn eine Person mit Migrationshintergrund nach dem Posten eines Bildes Kommentare erhält wie „Geh doch zurück, wo du herkommst!“ oder „Du wirst hier niemals dazugehören.“ Solche Aussagen sind erniedrigend und schaffen ein feindseliges Umfeld, das auf Einschüchterung und Ausgrenzung abzielt.
Sexuelle Belästigung:
Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das unerwünschte Zeigen und sichtbare Anbringen von pornografischen Darstellungen gehören, die Würde der betroffenen Person verletzt.
Hier ein Paradebeispiel: Das sogenannte Catcalling. Das sind Zurufe oder Kommentare im öffentlichen Raum, die oft sexuell konnotiert sind und sich meistens an Frauen richten. Oft sind es anzügliche Bemerkungen oder Pfeifgeräusche.
Anweisung zur Benachteiligung:
Auch die Anweisung zur Benachteiligung gilt als Diskriminierung. Zum Beispiel im Arbeitsumfeld. Stellen wir uns vor, ein CEO weist sein HR-Team an, gezielt alle Menschen mit nicht deutsch-klingenden Namen aus den Bewerbungsprozessen auszusortieren.
Mehrfach- oder mehrdimensionale Diskriminierung:
Mehrfach- oder mehrdimensionale Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund von mehreren geschützten Merkmalen (z.B. Alter und Geschlecht) benachteiligt wird. Das heißt, die Person erlebt eine sogenannte additive Diskriminierungserfahrung.
Zum Beispiel:
Er wird mehrfach diskriminiert. Zum einen wird oft angenommen, dass die digitale Kompetenz bei älteren Menschen geringer oder gar nicht erst vorhanden ist als bei jüngeren. Diese Altersstereotypen führen dazu, dass seine Bewerbung möglicherweise schon aufgrund seines Geburtsjahres weniger ernst genommen wird. Zum anderen wird er aufgrund seines Migrationshintergrunds diskriminiert, da bei ihm – trotz gleicher Qualifikation – möglicherweise Vorurteile bezüglich seiner Sprachkenntnisse, Anpassungsfähigkeit oder kulturellen Unterschiede bestehen.
Intersektionale Diskriminierung:
Intersektionale Diskriminierung beschreibt, dass Diskriminierung aufgrund verschiedener, sich überschneidender Merkmale wie Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft oder sexuelle Orientierung zu einer besonderen, zusätzlichen Form der Benachteiligung führen kann.
Ein Beispiel:
Eine muslimische Frau mit Kopftuch wird in einem Krankenhaus als Patientin behandelt. Sie erlebt intersektionale Diskriminierung, die durch die Kombination ihrer religiösen Identität, ihres Geschlechts und ihres ethnischen Hintergrunds entsteht:
Das Tragen des Kopftuchs führt dazu, dass sie von medizinischem Personal stereotypisiert wird, z. B. als besonders konservativ oder schwer zugänglich. Möglicherweise wird angenommen, sie würde bestimmte Behandlungen aus religiösen Gründen ablehnen, ohne dass sie dazu befragt wird. Als Frau wiederum wird sie möglicherweise nicht ausreichend in Entscheidungen eingebunden oder es wird ihr nicht zugetraut, eigenständig medizinische Entscheidungen zu treffen, insbesondere wenn ein männlicher Angehöriger sie begleitet. Zusätzlich wird sie aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds oder ihres Akzents als weniger gebildet oder weniger informiert über medizinische Zusammenhänge wahrgenommen.
Die muslimische Frau erlebt eine Form der Diskriminierung, die nicht nur durch ein einziges Merkmal erklärt werden kann. Diese spezifische Kombination von Geschlecht, Religion und ethnischer Zugehörigkeit führt zu einer einzigartigen Diskriminierungserfahrung, die ihre Gesundheitsversorgung beeinträchtigt.
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Diskriminierungen sind unerwünscht, feige und längst nicht mehr up to date. Man sollte meinen, im Jahr 2024 müssten es endlich alle verstanden haben.
Aber: Laut der Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Ferda Ataman wird immer „ungehemmter diskriminiert”. Und das zeigen auch offizielle Zahlen. Im Jahr 2023 verzeichnete die Antidiskriminierungsstelle des Bundes einen erneuten Beratungsanfragen-Rekord. Es wurden insgesamt 10.772 Beratungsanfragen eingereicht. Das zeigt einen Anstieg von fast 2.000 Anfragen im Vergleich zum Vorjahr, was einem Zuwachs von 22 Prozent entspricht. Blickt man 5 Jahre zurück, hat sich die Anzahl der Beratungsanfragen mehr als verdoppelt – damals waren es noch 4.247 Anfragen.
Die Verteilung der Anfragen nach Diskriminierungsmerkmalen im AGG zeigt, dass sich mit über 3.400 Fällen die meisten Menschen aufgrund von Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft sowie rassistischen und antisemitischen Gründen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.
Es wird nicht nur ungehemmter, sondern auch wieder offener und vermehrt diskriminiert. Das lässt die Frage aufkommen:
Warum diskriminieren Menschen?
Ursachen von Diskriminierung
Wir können festhalten: Diskriminierung ist ein komplexes soziales Phänomen. So wie es viele verschiedene Formen von Diskriminierung gibt, gibt es auch verschiedene Ursachen von Diskriminierung. Allgemein lässt sich aber festhalten, dass sie aus tief verwurzelten psychologischen und gesellschaftlichen Mechanismen entstehen. Denn Menschen neigen dazu, andere Menschen schnell zu kategorisieren und in vorgefertigte Schubladen zu stecken, ohne sie als individuelle Persönlichkeiten wahrzunehmen. Diese unbewussten Vorurteile werden dabei oft auch unbewusst übernommen: Vielleicht haben die Eltern bereits so zu Hause geredet oder Medien und Gesellschaft haben bestimmte Bilder und Stereotype vermittelt, die unreflektiert übernommen wurden.
Ein fundamentaler Mechanismus ist die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdgruppe. Menschen bewerten ihre eigene Gruppe tendenziell positiv und andere Gruppen eher negativ. Dieser Prozess wird durch mangelnden Kontakt und eine gefühlte Bedrohung verstärkt. Je weniger direkte Begegnungen und Verständnis zwischen verschiedenen Gruppen existieren, desto wahrscheinlicher werden Ausgrenzungen und diskriminierende Verhaltensweisen.
Wenn also eine Person ihr Leben lang nur in einem kleinen Dorf gewohnt hat, in dem zum Beispiel nie Einwander:innen gelebt haben und diese Person auch nie in den Urlaub gefahren ist, dann hatte sie kaum Gelegenheiten, direkte Begegnungen mit Menschen aus anderen kulturellen Hintergründen zu machen. Ohne solche Kontakte bleiben die Vorstellungen über „Fremdgruppen“ oft von Vorurteilen und Stereotypen geprägt, die durch Medien, Gerüchte oder Erzählungen anderer entstehen können.
Die strukturelle Dimension von Diskriminierung ist in Organisationen und Gesellschaften besonders stark. Das bedeutet: Machtverhältnisse und Hierarchien bestimmen oft, was als „normal“ gilt – und diese Vorstellungen richten sich meist nach den Ansichten der dominanten Gruppe. Dinge, die auf den ersten Blick neutral wirken, können bei genauerem Hinsehen andere ausgrenzen. Um die strukturelle Dimension von Diskriminierung zu verdeutlichen, hilft ein Beispiel:
Auf dem Arbeitsmarkt legen viele Unternehmen Wert auf ein „professionelles Auftreten“. Das heißt: keine Piercings, keine Tattoos und schlichte Kleidung. Diese Kleidungs- und auch Verhaltensnormen sind nach der Mehrheitsgesellschaft ausgerichtet. Wer etwa einen kulturell geprägten Kleidungsstil trägt oder einen Akzent hat, der nicht dem Standard entspricht, wird möglicherweise als „weniger passend“ wahrgenommen. Obwohl dies nichts mit der eigentlichen Qualifikation zu tun hat.
Solche unbewussten Regeln und Erwartungen erscheinen “normal”, bevorzugen aber Menschen, die der dominanten Gruppe angehören. Somit werden Menschen ausgeschlossen, ohne dass dies auf den ersten Blick offensichtlich ist.
Die spezifischen Ursachen von Diskriminierung variieren je nach Kontext. Bei der Ablehnung von LGBTQ+ Personen spielen beispielsweise traditionelle Geschlechterrollen und religiöser Fundamentalismus eine größere Rolle als bei rassistischer Diskriminierung. Gemeinsam ist allen Formen der Diskriminierung jedoch, dass sie selten aus böser Absicht entstehen, sondern das Ergebnis tief verankerter gesellschaftlicher Muster und unbewusster Vorurteile sind.
Entscheidend für die Bekämpfung von Diskriminierung ist daher das Bewusstmachen dieser subtilen Mechanismen: nur wer die eigenen Vorurteile erkennt, kann beginnen, sie zu hinterfragen und zu überwinden.
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Diskriminierung am Arbeitsplatz
Diskriminierung ist ein umfassendes gesellschaftliches Problem, das in allen Lebensbereichen stattfindet: im Supermarkt, in der Schule, in den öffentlichen Verkehrsmitteln und eben auch auf dem Arbeitsplatz. Dabei äußert sich Diskriminierung im Arbeitsalltag oft subtil und ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.
Ein häufiges Phänomen sind Mikroaggressionen – das sind kleine, oft unbewusste Bemerkungen oder Verhaltensweisen, die bestimmte Gruppen herabwürdigen oder ausgrenzen. Dies können scheinbar harmlose Kommentare sein wie „Sie sprechen aber gut Deutsch!“ gegenüber Personen mit Migrationshintergrund oder auch Kommentare wie “Für dein Alter kannst du aber gut den PC bedienen”. Auch automatische Annahmen sind Mikroaggressionen, wie zum Beispiel die Annahme, dass die einzige Frau im Meeting Protokoll führen wird oder dass Männer seltener die Spülmaschine in der Büroküche ausräumen, weil das ist ja schließlich Frauensache.
In der Teamzusammenarbeit zeigt sich Diskriminierung auch durch selektive Wahrnehmung und ungleiche Behandlung. Das heißt, dass Beiträge von Teammitgliedern aus marginalisierten Gruppen häufiger überhört oder weniger ernst genommen werden. Bei Beförderungen oder der Verteilung interessanter Projekte werden diese Personen oft übergangen, auch wenn sie gleich qualifiziert sind. Das kann zum Beispiel Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sein: Frauen werden oft bei Beförderungen “übersehen”. Manchmal kann sich Diskriminierung auch zeigen, indem einige Teammitglieder mit einem bestimmten Merkmal aus wichtigen informellen Netzwerken und Gesprächen ausgeschlossen werden, etwa wenn Kollegen sich nur unter „ihresgleichen“ zum Mittagessen verabreden.
Auch strukturelle Diskriminierung ist im Arbeitsalltag präsent: Bestimmte Arbeitszeiten oder -orte können beispielsweise Eltern benachteiligen, rigid formulierte Dresscodes können religiöse Minderheiten ausschließen, und nicht barrierefreie Räumlichkeiten diskriminieren Menschen mit Behinderungen.
Und Diskriminierung kann bereits vor dem Eintritt in das Unternehmen beginnen, und zwar im Bewerbungsverfahren. So gaben rund 30% der Arbeitgeber:innen an, sich schon einmal während eines Bewerbungsprozesses benachteiligt gefühlt zu haben. Dabei kann benachteiligendes oder diskriminierendes Verhalten bereits beim Verfassen der Stellenausschreibungen beginnen. So sind Stellenausschreibungen oft männlich gebiast beziehungsweise so geschrieben, dass sie ausschließlich Männer ansprechen. Studien belegen, dass Frauen sich weniger auf Stellen bewerben, die hauptsächlich als „männlich“ wahrgenommen werden, etwa durch bestimmte Formulierungen oder Anforderungen.
Die Diskriminierungsfälle ziehen sich dann häufig wie ein roter Faden durch das gesamte Bewerbungsverfahren. Auch in Vorstellungsgesprächen lauern einige Gefahren. Das fängt damit an, dass bestimmte Gruppen wie beispielsweise Menschen mit nicht deutsch klingenden Namen erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Häufig hängt die Auswahl der Kandidat:innen, die zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden, von unbewussten Vorurteilen ab. So etwa die Annahme, dass bestimmte Qualifikationen nur aus einer bestimmten Region oder Kultur stammen können. In den Bewerbungsgesprächen selbst kann es dann vorkommen, dass die Gespräche auf bestimmte Gruppen zugeschnitten sind und somit Menschen mit bestimmten Merkmalen gar keine wahrhaftige Chance erhalten.
All dies passiert oft, ohne dass sich die Recruiter:innen darüber im Klaren sind, denn es sind unbewusste Vorurteile, die sie leiten. Jedoch hat es tiefgreifende Auswirkungen auf die Diversität und Chancengleichheit innerhalb des Unternehmens. Du willst mehr über das Thema Unconscious Bias im Recruiting erfahren? Dann schau hier vorbei!
Wir sehen: Ausschließen hört längst nicht auf dem Pausenhof auf. Diskriminierungen und Ausgrenzungen auf dem Arbeitsplatz haben nicht nur Folgen für die Betroffenen, sondern auch für das Team und das Unternehmen.
Folgen von Diskriminierung für das Team
Diskriminierungen sind uncool – und zwar für alle Beteiligten, denn die Auswirkungen sind weitreichender, als manch einer denkt: Sie beeinträchtigen das gesamte Team und schaden letztlich sogar der Organisation.
- Belastetes Arbeitsklima: Wo Diskriminierung herrscht, entwickelt sich ein Klima des Misstrauens und der Unsicherheit. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird untergraben, wenn einzelne Teammitglieder sich ausgegrenzt oder weniger wertgeschätzt fühlen.
- Verlust der psychologischen Sicherheit: In einem diskriminierenden Umfeld trauen sich Menschen nicht, offen ihre Meinung zu äußern oder Fehler einzugestehen. Sie investieren viel Energie darin, sich anzupassen oder „unsichtbar“ zu bleiben – Energie, die dann für die eigentliche Arbeit fehlt. Dies führt direkt zu eingeschränkter Kreativität und Leistungsfähigkeit des Teams. Innovative Ideen entstehen dort, wo Menschen sich sicher fühlen, unterschiedliche Perspektiven einzubringen und auch unkonventionelle Vorschläge zu machen.
- Frustration: Fallen immer wieder dieselben diskriminierenden Bemerkungen oder hören die Mikroaggressionen nicht auf, kommt Frust auf. Das führt häufig zu innerer Kündigung und letztendlich erhöhter Fluktuation. Betroffene Mitarbeitende suchen sich neue Arbeitgeber, wo sie mehr Wertschätzung erfahren. Dies bedeutet nicht nur den Verlust wertvoller Fachkräfte, sondern auch hohe Kosten für Neueinstellungen und Einarbeitung.
- Die Motivation im Team sinkt insgesamt: Wenn einzelne Teammitglieder aufgrund von Diskriminierung ihr Potenzial nicht voll entfalten können, wirkt sich das auf die Gesamtleistung aus. Teams funktionieren am besten, wenn alle Mitglieder sich einbringen können und ihre Stärken optimal zum Einsatz kommen.
Lösungsansätze gegen Diskriminierung im Team: Wege zu mehr Inklusion und Akzeptanz
Sobald Mikroaggressionen, Diskriminierungen und Ausgrenzungen überwunden sind, können Organisationen ganz schön von diversen Teams profitieren. Die Zusammenarbeit mit Menschen, die sich von uns unterscheiden, fordert unser Gehirn heraus, gewohnte Denkmuster aufzubrechen und die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern. Zahlreiche Studien zeigen, dass diverse Teams nicht nur kreativer, sondern auch effektiver Entscheidungen treffen. Das zeigt eine Untersuchung von Cloverpop, die rund 600 Geschäftsentscheidungen von 200 Teams aus verschiedenen Unternehmen über einen Zeitraum von zwei Jahren analysierte. Die Ergebnisse sprechen für sich:
- Inklusive Teams treffen in 87 % der Fälle bessere Geschäftsentscheidungen.
- Teams, die auf inklusive Entscheidungsprozesse setzen, arbeiten doppelt so schnell und benötigen nur halb so viele Meetings.
- Entscheidungen, die von diversen Teams getroffen und umgesetzt werden, erzielen um 60 % bessere Ergebnisse.
- Teams übertreffen individuelle Entscheidungsträger in 66 % der Fälle, wobei die Qualität der Entscheidungen mit zunehmender Team-Vielfalt weiter steigt.
Es zeigt sich: Diverse Teams lohnen sich. Damit diverse Teams sich entfalten können, müssen alle Beteiligten offen sein und verstehen, wie und wo Ausgrenzungen, Diskriminierungen und Mikroaggressionen entstehen und betreffen.
Diverse Teams bieten viele Vorteile, bringen jedoch auch spezifische Herausforderungen mit sich, die entstehen, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Perspektiven zusammenarbeiten. Um das volle Potenzial solcher Teams auszuschöpfen, ist es entscheidend, diese Herausforderungen gezielt und strategisch anzugehen.
Wie man diese Herausforderungen in diversen Teams erkennt und meistert, kannst du hier nachlesen!
Die Überwindung von Diskriminierung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der auf Bewusstseinsbildung, klare Strukturen und eine Führungskultur der Wertschätzung setzt. Und das geht am besten so:
- Sensibilisierung und Diversity-Training
Der erste Schritt zur Überwindung von Diskriminierung ist das Sichtbarmachen unbewusster Vorurteile. Gezielte Diversity-Trainings helfen Mitarbeitenden, die eigenen blinden Flecken zu erkennen und zu hinterfragen. Diese Trainings sollten mehr sein als einmalige Pflichtveranstaltungen: Sie müssen interaktiv, praxisnah und kontinuierlich sein. Rollenspiele, Perspektivwechsel und konkrete Handlungsstrategien ermöglichen es Teilnehmenden, diskriminierende Muster zu erkennen und aktiv zu durchbrechen.
- Klare Richtlinien und konsequentes Vorgehen
Unternehmen brauchen verbindliche Leitlinien, die Diskriminierung nicht nur verurteilen, sondern aktiv begegnen. Dies bedeutet:
- Transparente Beschwerdewege
- Niedrigschwellige Anlaufstellen für Betroffene
- Klare Konsequenzen bei Verstößen
- Regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der Unternehmenskultur
Besonders wichtig ist die konsequente Ahndung von Diskriminierungsfällen. Vorfälle dürfen in keinem Fall ignoriert oder bagatellisiert werden. Das sendet ein fatales Signal an alle Mitarbeitenden.
- Inclusive Leadership
Wer Führungskraft ist, hat Vorbildfunktion! Sie spielen bei der Schaffung einer inklusiven Teamkultur eine zentrale Rolle. Das Konzept des Inclusive Leadership stellt genau diese Rolle in den Vordergrund. Dabei geht es um mehr als nur wohlwollende Absichtserklärungen – es geht um aktives Handeln. Inclusive Leadership umfasst:
- Aktives Zuhören und Wertschätzung unterschiedlicher Perspektiven
- Bewusstes Fördern von Diversität bei Einstellungen und Beförderungen
- Sichtbare Vorbildfunktion in Bezug auf respektvolles Verhalten
- Schaffung von Räumen, in denen sich alle Teammitglieder sicher und wertgeschätzt fühlen
- Weitere praktische Tipps
Hier weitere Tipps, um gezielt gegen diskriminierende Dynamiken im Team entgegenzuwirken:
- Rotation von Projektrollen und Verantwortlichkeiten
- Mentoring-Programme für unterrepräsentierte Gruppen
- Flexible Arbeitsmodelle, die verschiedene Lebenssituationen berücksichtigen
- Kultursensible Veranstaltungen: Das heißt, dass zum Beispiel bei Grillfesten Veganer, Vegetarier und Menschen mit muslimischem oder jüdischem Glauben bei der Planung mitgedacht werden.
Vielfalt ist kein “Nice-To-Have” und auch kein lästiges To-do, sondern eine strategische Notwendigkeit. Der Weg zu einem diskriminierungsfreien Team ist ein kontinuierlicher Prozess, der Engagement, Selbstreflexion und die Bereitschaft erfordert, gewohnte Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen.
Letztendlich profitieren alle: Mitarbeitende gewinnen an Motivation und Zufriedenheit, Teams werden kreativer und innovativer, und Unternehmen stärken ihre Wettbewerbsfähigkeit. Inklusion beginnt bei jedem einzelnen – in jedem Gespräch, in jeder Teamsitzung, in jedem Moment der Zusammenarbeit. Wir alle können dazu lernen. Aber eines ist klar: Diskriminierungen, Ausgrenzungen und Mikroaggressionen sollten im Jahr 2024 nicht mehr auf dem Pausenhof, der Warteschlange im Supermarkt und schon längst nicht mehr in unseren Büros zu finden sein.
FAQ
Folgen von Diskriminierung für das Team
Diskriminierungen sind belastend für die Betroffenen, sie beeinträchtigen aber auch das gesamte Team und schaden letztlich sogar der Organisation.
1. Belastetes Arbeitsklima
2. Verlust der psychologischen Sicherheit
3. Frustation
4. Senkung der Motivation