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Gendern bedeutet, Sprache so zu gestalten, dass alle Geschlechter darin sichtbar gemacht und angesprochen werden. Statt nur das generische Maskulinum („Mitarbeiter“) zu verwenden, nutzt gendergerechte Sprache Formen wie „Mitarbeiter*innen“ oder „Mitarbeitende“. Ziel ist es, Geschlechtergerechtigkeit sprachlich auszudrücken und Vielfalt sichtbar zu machen.
In diesem Artikel erfährst du:
- Welche Formen des Genderns es gibt
- Warum gendergerechte Sprache wichtig ist
- Welche Kritikpunkte existieren
- Tipps für die Praxis im Alltag und im Job
Warum gendergerechte Sprache wichtig ist
Sprache prägt unser Denken. Studien zeigen, dass das generische Maskulinum dazu führt, dass Menschen überwiegend an Männer denken. Dadurch werden Frauen, nicht-binäre und trans Personen sprachlich unsichtbar.
Gendern sorgt für:
- Sichtbarkeit: Alle Geschlechter sind gemeint und angesprochen.
- Inklusion: Sprache wird gerechter und vielfältiger.
- Chancengleichheit: Wer sprachlich vorkommt, wird eher mitgedacht und berücksichtigt.
Unternehmen, Verwaltungen und Bildungseinrichtungen nutzen gendergerechte Sprache zunehmend, weil sie Vielfalt fördern und Diskriminierung vorbeugen möchten.
Formen des Genderns im Deutschen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gendergerecht zu formulieren:
- Gendersternchen (*) – Mitarbeiter*innen
- Binnen-I – MitarbeiterInnen
- Unterstrich (_) – Mitarbeiter_innen
- Doppelpunkt (:) – Mitarbeiter:innen (auch für Screenreader meist barriereärmer)
- Neutrale Begriffe – Mitarbeitende, Team, Lehrkräfte
👉 Tipp: Nutze konsequent eine Form und achte auf Barrierefreiheit (z. B. Lesbarkeit mit Screenreadern).
Kritik am Gendern – und Gegenargumente
Es gibt immer wieder Kritik an gendergerechter Sprache. Häufige Argumente:
- „Gendern ist kompliziert und unverständlich.“
Antwort: Studien zeigen, dass Menschen sich schnell an neue Sprachformen gewöhnen. - „Gendern ist nicht nötig, alle fühlen sich doch angesprochen.“
Antwort: Umfragen belegen, dass viele sich nicht gemeint fühlen, wenn nur die männliche Form genutzt wird. - „Gendern zerstört die deutsche Sprache.“
Antwort: Sprache entwickelt sich ständig weiter (z. B. Rechtschreibreformen, Anglizismen). Gendern ist Teil dieser Entwicklung.
Gendern in der Praxis – Tipps für Alltag und Beruf
- Verwende geschlechtsneutrale Begriffe, wo es passt: statt „der Student“ → „Studierende“.
- Bei Stellenausschreibungen: alle Geschlechter sichtbar machen („(m/w/d)“ oder inklusiv gendern).
- In interner Kommunikation: konsistente Regeln schaffen, damit Sprache einheitlich wirkt.
- Bei Präsentationen: genderneutrale Begriffe einbauen („Team“, „Kollegium“).
👉 Für Unternehmen lohnt es sich, Genderleitfäden zu erstellen.
Häufige Fragen zum Gendern (FAQ)
Was ist Gendern in einfachen Worten?
Gendern heißt, Sprache so zu verwenden, dass nicht nur Männer, sondern alle Geschlechter gemeint und angesprochen sind.
Muss ich gendern?
Rechtlich ist es in den meisten Kontexten nicht vorgeschrieben. Aber viele Institutionen, Hochschulen und Unternehmen haben sich freiwillig dazu verpflichtet.
Welche Form ist am besten?
Das Gendersternchen (*) und der Doppelpunkt (:) sind aktuell am verbreitetsten. Für Barrierefreiheit empfehlen viele den Doppelpunkt.
Warum regen sich so viele über Gendern auf?
Sprache ist emotional. Veränderungen führen oft zu Widerstand. Gleichzeitig zeigt die Forschung, dass gendergerechte Sprache wirksam ist, um Gleichstellung zu fördern.
Kurz zusammengefasst
- Gendern = Sprache inklusiv gestalten.
- Es gibt verschiedene Formen (Sternchen, Doppelpunkt, neutrale Begriffe).
- Kritikpunkte sind häufig, lassen sich aber entkräften.
- Gendern stärkt Sichtbarkeit, Inklusion und Gleichberechtigung – in Gesellschaft und im Arbeitsleben.
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Wenig polarisiert im großen und weiten Gebiet der Vielfalts-Thematik mehr als das Gendern. So arbeiten sich einige – vorwiegend männliche – Politiker immer wieder gerne an der gendergerechten Sprache ab und wollen alles außer dem generischen Maskulinum (was selbstverständlich auch Gender-Sprache ist) am liebsten verbieten. Die Antwort, warum sie sich so vehement gegen das Gendern stellen, lautet meistens sinngemäß: „In unserer Sprache sind doch alle Meschen mitgemeint und außerdem vergeht man sich damit an unserem höchsten Kulturgut, der schönen deutschen Sprache.“
Aber was ist dran? Ist Gendern beziehungsweise gendergerechte Sprache tatsächlich ein Hindernis? Ist ein Verbot gerechtfertigt? Wir brechen eine Lanze für das Gendern. Denn kompliziert muss es gar nicht sein.
Hier ist dein Go-to-Guide, damit du sicher alle diskriminierungsfrei ansprechen kannst!
First things first: Definition Gendern, gendergerechte Sprache, generisches Maskulinum
Um von Gruppen zu sprechen, die sowohl aus Männern als auch aus Frauen bestehen, verwendet man im Deutschen oft das generische Maskulinum. Das generische Maskulinum bezeichnet die geschlechtsneutrale Verwendung maskuliner Substantive oder Pronomen. Ein Beispiel: Ein Schulleiter hält eine Ansprache an sein Kollegium. Das Kollegium gibt eine Gruppe bestehend aus Lehrern und Lehrerinnen, also aus männlich und weiblich gelesenen Menschen. Anstatt zu sagen “Liebe Lehrer und Lehrerinnen”, benutzt der Schulleiter nur “Liebe Lehrer”. Oft verwenden wir im Deutschen das generische Maskulinum, welches alle Gruppenmitglieder ansprechen soll. Aber spricht das generische Maskulinum wirklich alle an?
Gendern beziehungsweise gendergerechte Sprache haben das Ziel, alle Geschlechter gleichermaßen sichtbar zu machen und anzusprechen. Es geht darum, eine Sprache zu schaffen, die alle Menschen fair und diskriminierungsfrei repräsentiert. Alle Menschen werden mitgemeint, auch außerhalb des binären Geschlechtermodells – beispielsweise nicht-binäre Personen oder intersexuelle Personen.
Es gibt verschiedene Formen, wie gegendert werden kann:
- Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen: z.B. „Studierende“ statt „Studenten“ oder „Mitarbeitende” statt „Mitarbeiter“
- Gendersternchen: z.B. „Politiker*innen“
- Doppelpunkt: z.B. “Kindergärtner:innen”
- Binnen-I: z.B. „KraftfaherInnen”
- Unterstrich: z.B. “Fahrer_in”
Oft herrscht Verwirrung: Welche Form ist die Richtige? Was meint, was?
Wir empfehlen immer, wenn möglich, die geschlechtsneutrale Formulierung zu verwenden. So ist man grammatikalisch auf der richtigen Seite und meint auch alle mit. Man kann die geschlechtsneutrale Formulierung für die oben angeführten Beispiele dann so verwenden und von Mitarbeitenden oder Rechtsvertretung sprechen.
Der Vorteil der Sonderzeichen ist jedoch, dass explizit alle Geschlechter sichtbar gemacht werden, eben auch jenseits des binären Geschlechtermodells (männlich, weiblich). Dabei steht beispielsweise das Gendersternchen symbolisch für die Strahlen des Sternchens, die in verschiedene Richtungen zeigen und somit für die unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten. Sonderzeichen betonen Geschlechtervielfalt und weichen traditionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen auf.
Gendergerechte Sprache kann auch beim Sprechen sichtbar gemacht werden, indem man eine kurze Pause, den sogenannten glottal stop, einbaut.
Zusammengefasst: Sternchen, Binnen-I oder Doppelpunkt, alle Formen der gendergerechten Sprache sind faire und diskriminierungsfreie Kommunikationsweisen. Allerdings aufgepasst, hier kann einem die deutsche Grammatik einen Strich durch die Rechnung machen. Dann muss auf die genderneutrale Form ausgewichen werden.
Hier gibt es noch mehr Hinweise zum Gendern.
Kritik am Gendern
Gendersensibel zu sprechen ist leider nicht für alle so easy. Um das Thema gendergerechte Sprache gibt es viel Diskussion und viel Unbehagen. Es gibt Stimmen, wie beispielsweise die des emeritierten Professors für deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdamm, die warnen: “Sprachliches Gendern vergeht sich an unserem höchsten Kulturgut”. Oder auch andere Stimmen, die meinen, Gendern sei umständlich oder gar ideologisch. Es zeigt sich: Die Debatte rund ums Gendern ist höchst emotional aufgeladen. Und Kritiker stehen nicht alleine da mit ihrer Meinung, denn eine repräsentative Umfrage von infratest dimap im Auftrag des WDR zeigt, dass Gendern vielen Deutschen nicht wichtig ist.
Außerdem spricht sich die Mehrheit der Befragten für die Doppelnennung aus, andere Formen des Gendern finden weniger Zustimmung und Gendern ist jungen Menschen wichtiger als älteren Personen.
Zum Gendern gibt es also so einige Pros und Contras. Denn Gendern stößt nicht nur auf Kritik, weil es vermeintlich herausfordernd ist, sondern auch wegen Bedenken hinsichtlich der Barrierefreiheit. Die Verwendung von Genderzeichen wird ebenfalls kritisiert – insbesondere mit Blick auf die Zugänglichkeit. Für Menschen, die nicht gut Deutsch können oder eine Leseschwäche, Hörbehinderung oder kognitive Einschränkungen haben, stellt dies eine zusätzliche Hürde dar.
Keine gute Aussicht für’s Gendern?
Ein kleiner Ausflug in die Gender Studies
Was ist überhaupt Geschlecht? Wer sich schon mal mit Gender Studies beschäftigt hat, weiß, dass, wenn wir über Geschlecht sprechen wollen, die englische Unterscheidung wesentlich ist. Denn im Englischen unterscheidet man zwischen „sex“ und „gender“. „Sex“ bezieht sich auf die biologischen Merkmale wie Chromosomen, Hormone und körperliche Merkmale. “Gender“ hingegen bezieht sich auf die sozialen und kulturellen Konstruktionen von Geschlecht.
Soziale und kulturelle Konstruktion von Geschlecht? Richtig, denn “Gender” ist sozial konstruiert. Dies hat bereits die feministische Vordenkerin Simone de Beauvoir 1949 “Das andere Geschlecht” erklärt.
Bei dem Verständnis von “Gender” als soziales Konstrukt geht es darum, Rollen, Verhaltensweisen und Erwartungen an männliche und weibliche Identitäten zu hinterfragen. Denn in vielen Gesellschaften sind “Sex” und “Gender” eng miteinander verbunden, was zu einer binären Sichtweise von Geschlecht führt. Gender Studies erkennen jedoch an, dass Geschlecht eine komplexe und vielfältige Dimension menschlicher Identität ist, die nicht nur auf zwei Kategorien reduziert werden kann.
Es gibt also mehr als nur die binäre Geschlechtsrealität. Und zwar weitaus mehr: In Deutschland lebten etwa 85 Millionen Menschen. Nach aktuellen Schätzungen gibt es in Deutschland mehr als 9 Millionen Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans* und/oder anderweitig queer identifizieren. Die queere Community in Deutschland besteht also aus ca. 11 % der Bevölkerung. In Deutschland leben zudem ca. 43 Millionen Frauen. Also ein ziemlich großer Anteil an Menschen, der nicht direkt angesprochen wird durch das generische Maskulinum.
Wie wir Geschlecht und Gender wahrnehmen, wird stark durch unsere sozial geprägte Umwelt beeinflusst. Oft wirken hier unbewusste Vorurteile, die unsere Einstellungen und Entscheidungen prägen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Diese sogenannten Unconscious Biases können unsere Wahrnehmung von Gender und Geschlechterrollen verzerren und verstärken stereotype Vorstellungen.
Mehr dazu hier: Entstehung und Wirkungsweise von Unconscious Bias.
Mehr als nur “woke” – Die Vorteile vom Gendern
Wenn wir also davon ausgehen, dass Gender sozial konstruiert ist, bedeutet das auch, dass andere oder besser gesagt alle Aspekte unserer Wirklichkeit, einschließlich der Sprache, durch soziale Prozesse geformt werden. Sprache schafft die Wirklichkeit, in der wir leben. Diese Ansicht springt aus der soziologischen Strömung des Konstruktivismus. Das Konzept des Konstruktivismus betont, dass unsere Wahrnehmung der Welt durch die Sprache beeinflusst wird und dass diese Wahrnehmung unsere Handlungen und Einstellungen beeinflusst. Sprache ist ein starkes Werkzeug, dessen Kraft wir uns bewusst werden müssen.
Ein Beispiel der Kraft der Sprache:
Wenn wir beispielsweise über Berufsgruppen sprechen, neigen viele Menschen dazu, automatisch männliche Pronomen zu verwenden oder sich Männer in diesen Rollen vorzustellen. Ein klassisches Beispiel ist das Wort „Anwalt“, das oft mit männlichen Assoziationen verbunden ist. Der sogenannte Male-Bias – also dass Wörter im generischen Maskulinum eher männliche Bilder im Kopf erzeugen – hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Er verstärkt stereotypische Vorstellungen darüber, wer bestimmte Berufe ausüben kann oder sollte, und schränkt die Sichtbarkeit und Anerkennung von Frauen und anderen geschlechtlichen Identitäten in diesen Bereichen ein.
Geschlechtergerechte Sprache beeinflusst kindliche Wahrnehmung von Berufen – Studie der Freien Universität Berlin
Mädchen wählen seltener Berufe aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) als Jungen. Das kann verschiedene Gründe haben, die alle miteinander verwoben sind. Zum einen kommen Mädchen weniger mit diesen Themen im Alltag in Berührung. Ihnen wird oft nicht von ihren Eltern gezeigt, wie man etwas repariert, so wie es bei ihren männlichen Altersgenossen natürlicherweise passiert. Zum anderen spielen„Stereotype“ über Berufe eine zentrale Rolle. Berufe wie Ingenieur oder Physiker gelten als „typisch männlich”.
Die Freie Universität Berlin führte eine Studie mit 591 Grundschulkindern aus Deutschland und Belgien durch. Den Kindern wurden Berufsbezeichnungen entweder geschlechtergerecht oder nur in der männlichen Pluralform vorgelesen. Insgesamt wurden 16 Berufe vorgelesen. Davon werden acht als typisch männlich betrachtet. Das heißt, der Frauenanteil innerhalb dieser Berufe ist kleiner als 30% (Zum Beispiel Automechaniker). Fünf von den 16 Berufen werden eher als typisch weiblich eingestuft. Hier ist der Frauenanteil größer als 70% innerhalb der Berufskategorie (Zum Beispiel Kosmetikerin). Die restlichen Berufe, die vorgelesen wurden, sind geschlechtsneutrale Berufe.
Das heißt, es gibt weder einen höheren Männer- noch einen Frauenanteil. Heraus kam, dass Kinder, die die geschlechtergerechten Bezeichnungen hörten, sich eher zutrauten, typische Männerberufe zu ergreifen. Sie bewerteten diese Berufe als leichter erlernbar. Das zeigt, dass geschlechtergerechte Sprache das Selbstvertrauen der Kinder stärkt und sie motivieren kann, eine Karriere in traditionell männlich dominierten Berufen in Betracht zu ziehen.
Aber nicht nur Kinder sind von den positiven Effekten gendergerechter Sprache betroffen. Schon im Jahr 1973 untersuchten die Forscher Sara und Daryl Bem, welchen Effekt geschlechtsspezifische Formulierungen in Stellenanzeigen auf Männer und Frauen haben. Es zeigte sich, dass Frauen sich weniger auf Stellen bewerben, wenn die Texte hauptsächlich “männlich gewordet” waren.
Werden außerdem männliche geschlechtsspezifische Formulierungen in Stellenanzeigen gestrichen, erhöhen sich weibliche Bewerberzahlen erheblich. Bei geschlechtsneutralen Formulierungen bewarben sich 42% mehr Menschen.
Deshalb schreibt Paragraf 11 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vor, dass Stellenanzeigen geschlechtsneutral formuliert sein müssen, etwa durch den Zusatz (m/w/d).
Es zeigt sich also, dass die Anwendung von gendergerechter Sprache dazu beiträgt, einschränkende Stereotype aufzubrechen. Sie helfen dabei, alle Gender sichtbarer zu machen und somit fördert gendergerchte Sprache eine inklusive Gesellschaft. Indem wir Pronomen und Berufsbezeichnungen neutral gestalten, beide Geschlechter explizit ansprechen oder das Gendersternchen benutzen, erkennen wir die Vielfalt der geschlechtlichen Identitäten an und schaffen Raum für die Teilhabe aller Menschen in verschiedenen Lebensbereichen.
Gendern hat also nicht nur den Zweck, „woke“ zu sein oder politische Korrektheit zu zeigen, sondern es trägt aktiv dazu bei, die Wahrnehmung und Realität unserer Gesellschaft zu verändern.
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Das Thema gendergerechte Sprache erhitzt die Gemüter, und die Debatte ist oft sehr polemisch. Auf beiden Seiten – sowohl Pro-Gendern als auch Anti-Gendern – sind die Fronten verhärtet. Die einen schreien: „Ihr verunstaltet unsere Sprache!“, die anderen kontern: „Du bist sowieso ein alter weißer Mann und ein Boomer.“
Ist diese Diskussion sinnvoll? Nein, denn sie verfehlt den eigentlichen Schwerpunkt: Inklusion, Gerechtigkeit, Teilhabe und Gleichberechtigung. Statt hitziger Auseinandersetzungen sollten wir uns darauf konzentrieren, wie Sprache dazu beitragen kann, eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft zu schaffen, in der sich alle Menschen angesprochen und respektiert fühlen.
Denn: Beim Gendern geht es nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen und zu sagen: “So wie du sprichst, ist das total falsch und absolut daneben.“ Wir befinden uns noch immer in einem Lernprozess und nur gemeinsam können wir Fortschritte machen. Und kleiner Spoiler-Alert: Niemand wird sich motiviert und animiert fühlen, gendergerechte Sprache zu verwenden, wenn er oder sie verurteilt wird oder gar öffentlich an den Pranger gestellt wird.
Ein Beispiel zeigt, wie wichtig dieser Lernprozess ist und wie aufgeheizt die Debatte oft geführt wird. Am Abend des Eurovision-Song-Contests hatte der „TV total“-Moderator Sebastian Pufpaff Schwierigkeiten mit der richtigen Anrede von Nemo, dem Sieger des ESC 2024. Trotz Nemos nicht-binärer Identität sprach Pufpaff ihn konsequent mit „er“ an. Im Netz wurde Pufpaff für die Verwendung der männlichen Pronomen stark kritisiert. Ein Nutzer kommentierte auf X (ehemals Twitter): „Hätte von ‚Puffi‘ mehr erwartet, als bei einem Beitrag über den ESC Nemo durchgehend mit ‚er‘ zu bezeichnen.“ Ein weiterer Kommentar lautete: „Das sollte denen bei der Recherche aufgefallen sein, dass Nemo non-binär ist. They/Them oder einfach den Namen benutzen, so schwer ist das nicht.“
Diese Situation verdeutlicht, dass die korrekte Ansprache von Personen nicht immer einfach ist. Oft steckt auch keine böse Intention dahinter, wenn jemand jemanden falsch anspricht. Wichtig ist: Anerkennen, korrigieren und daraus lernen.
Tipps für gendergerechte Ansprache
Zusammengefasst: Immer alle korrekt ansprechen, kann schwierig sein. Doch man kann es üben, wenn man sich wertschätzend allen Geschlechtern gegenüber in der Sprache zeigen mag. Und vor allem ist es wichtig, dass wir versuchen allen Respekt gegenüber zu bringen und sie mit ihren richtigen Pronomen anzusprechen.
Daher sammeln wir hier ein paar Tipps für gendergerechte Sprache:
- In der direkten Ansprache Anreden wie “Herr Meier” oder “Frau García” vermeiden. Stellen wir uns vor, wir sind in einem Meeting und die Wasserflasche steht am anderen Ende des Tisches. Anstatt zu sagen: “Entschuldigung Frau García, können Sie mir die Wasserflasche nach oben reichen?”, sagt man: “Können die Personen unten am Tisch die Wasserflasche nach oben durchgeben?”.
- Auch das Wort jeder oder jede ist genderspezifisch und kann andere Geschlechtsidentitäten ausgrenzen. Inklusiver ist das Wort: alle. Um wieder beim Beispiel des Meetings zu bleiben: “Ich möchte, dass alle einmal kurz aufstehen und sich strecken.” Anstatt: “Ich möchte, dass jeder einmal kurz aufsteht…”
- Pronomen müssen respektiert und dementsprechend angewendet werden. Viele Firmen fordern daher ihre Mitarbeitenden auf, dass sie ihre Pronomen beispielsweise in E-Mail-Signatur anhängen oder sie veröffentlichen die Pronomen auf der Teamseite der Webseite. Wenn die Pronomen einer Person nicht bekannt sind, kann man entweder höflich nachfragen oder aber einfach den Namen der Person verwenden. Zum Beispiel: „Alex hat das Projekt abgeschlossen.” “Kai, kannst du mir das Wasser hochreichen?”
- Beim Schreiben von E-Mails und Co. sollten Gendersternchen, Doppelpunkt oder die genderneutrale Sprache verwendet werden, um alle Geschlechter einzubeziehen.
- Sich das Sprechen, wie man es gewohnt ist, abzugewöhnen, ist gar nicht so leicht. Es ist ein Lernprozess. Veränderungen können nur stattfinden, wenn wir uns ihrer bewusst sind. Daher sind Workshops und Sensibilisierungen von großer Bedeutung.
- Geduld und Empathie – Niemand ist perfekt. Wenn eine Person falsch gendert, sollte man sie höflich darauf hinweisen. Und wenn wir darauf hingewiesen werden, dass wir falsch gendern, dann nehmen wir das an und respektieren das.
- Verbote bringen uns nicht weiter. Wer Sprache verbietet, hat Sprache nicht verstanden. Sprache ist nämlich keine mathematische Konstante und besteht erst recht nicht in einem luftleeren Vakuum. Sprache ist lebendig. Sie lebt im Austausch mit ihrer Umwelt.
Sprache verändert sich, das hat sich immer getan und das wird sie auch immer tun.
Die Umsetzung gendergerechter Sprache ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Inklusion und Respekt im Alltag. Doch um eine wirklich inklusive Kommunikation zu fördern, bedarf es mehr als nur der richtigen Wortwahl – es braucht auch Bewusstsein. Nur wenn wir uns unserer eigenen Sprachmuster und Denkmuster bewusst werden, können wir aktiv gegen unbewusste Vorurteile angehen und eine respektvolle, wertschätzende Umgebung schaffen.
Awareness für Diversity und Inclusion hilft dabei, Sensibilität für Sprache und Vielfalt zu fördern und ein offenes Miteinander zu gestalten.